Alles gleich und doch anders


Die Tage werde deutlich kürzer auf Langeoog. Die Wolken am Himmel kommen dem Erdboden nicht nur am Horizont sehr nah und öfters ziehen Jannes und ich eine Regenhose an, um mit dem Fahrrad halbwegs trocken  zur Arbeit zu kommen. Bedingt durch die Sparmaßnahmen und die Energiekrise werden die Straßenlaternen gar nicht erst angemacht auf Langeoog und auch wir haben bisher noch auf die Heizung zuhause verzichtet. Es ist als ob man ein Video machen möchte und die Slow-Mo Funktion angeschaltet hat. Von Hauptsaison auf Null in drei Sekunden. 

Für die Goldschmiede war es wohl eines der anstrengendsten Jahre bisher hier auf der Insel. Mitarbeiter sind gekommen und mit den riesigen Erwartungen vom Inselparadis auch gegangen. Der Traum vom Glück der ausschließlich von außen kommt funktioniert weder hier noch an einem anderen Ort. Zwei Praktikanten, Azubis und einer Sommergoldschmiedin später bin ich müde von diesem Sommer. Einem Sommer an dem wir weder schwimmen waren noch lange Sonnenuntergänge am Stand genoßen haben. 

Das erste Mal in diesem Jahr ,bin ich einfach zwei Tage am Stück zuhause. Zwei Tage in denen ich mich sortieren muss, sehen wohin im nächsten Jahr die Reise geht. 

Vor ein paar Jahren sind Jannes und ich hier nach Langeoog gekommen weil wir unser Handwerk und das Meer lieben. Weil wir etwas schaffen möchten und Menschen glücklich machen mit dem was wir tun. 
Schmuckstücke als Liebesgaben, Erinnerungen, kleine Denkmäler und Wegbegleiter, Schatzhort für Gutes und Wichtiges. 
Brot und Brötchen als Urlaubsglück, als Belohnung für Leib, Seele und den Gaumen. 
Wenn man das so liest sollte das so einfach sein. Es ist der blanke Wunsch einen Ort der Schönheit zu schaffen, zu teilen und zu bewahren. 

Genau das möchte ich tun und war doch so weit entfernt dieses Jahr. Fast hätte ich mich in Arbeit, Erklärungen zur Arbeit, Weltschmerz, Corona, Stress über all das und und und verloren. Ich möchte nicht zehntausend mal am Tag entscheiden ob der Stift blau oder rot sein soll oder ob die Telefonnummer auf der Autragstüte oben oder unten steht. Ich möchte nicht mehr erklären das Blumen frisches Wasser brauchen. 
Ich möchte mich nicht dafür erklären das ich diesen Ort so sehr liebe, dass mir nicht geputzte Fenster direkt als Stich ins Herz gehen. 

Unser Atelier für Brot und Gold ist ein warmer, sinnlicher Ort. Diese Sichtweise kann man niemandem anlernen der es nicht wissen möchte.  Das ist in sich nicht schlimm, aber ich habe es fast krampfhaft versucht und bin kläglich damit gescheitert.  Es kostet uns unendlich viel Kraft und auch wenn es sich jetzt ehr nach "jetzt stell dich nicht so an, so ist es nunmal Chef zu sein" anhört. Es raubt mir den letzen Nerv. 

 Jannes kann das viel besser als ich. Er findet mit seinen Mitarbeitern eine Basis auf der sich alle wiederfinden. Wir sind so dankbar für jeden dieser Menschen die mit uns gemeinsam diesen Ort gestalten Dankar für jeden Tag den sie mit Duft von Brötchen und Lachen zum Leben erwecken. 

Wir haben in der Backstube viele Mitarbeiter aus Bulgarien und Polen aber auch Studenten, und feste Mitarbeiter. Alle samt Menschenfreunde. Es tut gut zu wissen das es so ist.  Kunden glücklich zu machen macht auch selber glücklich. Die Backstube ist wie ein Bienenstock in dem jeder seinen Platz finden kann. Die Goldschmiede ist so klein, ein Sandkorn der Kreativität, schwierig für Granitsteine die ungewollt ihren Platz behaupten müssen um Raum zu haben.  Die Strukturen unser beider Handwerke sind ähnlich und doch verschieden. 

In der Goldschmiede bleiben Margaretha und ich als Sandkörner und wenn jetzt die Zeit beginnt in der wir tagelang Hörbücher hören ist es gut zu wissen das man nicht reden muss und doch weiß das der andere da ist. Wir ärgern uns manchmal übereinander aber wir können uns aufeinander verlassen. Auch mal ohne Befindlichkeiten in den Tag starten und den anderen nicht so schwer nehmen. 

Ich werde das erste mal seit ich auf Langeoog bin, nächstes Jahr keine Sommergoldschmiedin einstellen. Wahrscheinlich bedeutet diese Entscheidung auch, dass wir unser Kursprogramm überarbeiten werden. 
Es bedeutet aber auch mehr Liebe. Mehr Ruhe und mehr Zeit für jeden einzelnen Kunden, jedes einzelne Schmuckstück. Eure Geschichten sind eine riesiger Schatz. Jeder einzelne der ein Schmuckstück trägt das ich herstellen durfte, ist Teil meiner Goldschmiede und genau das möchte ich wieder spüren und euch mitgeben.  
Manchmal muss man nicht der Beste sein. Man muss ein Guter sein. Eine guter Mensch an einem guten Ort. 
Das ist es und bleibt es. 

Wir freuen uns schon darauf, euch auch nächstens Jahr an unserem ganz besonderen Herzensort zu begrüßen. Es euch wirklich schön zu machen und ganz und gar für euch da zu sein. 
Wir freuen uns darauf, euch mit Kuchen, lecken Kleinigkeiten von Jannes weiser Sichtweise und Schmuckstücken die direkt durch mein poetisches Herz gehen glücklich zum machen. 

Es ist ein guter Ort für Ruhe und Zuversicht und Genuss. 
Wir sehen uns.

Alles Liebe Martina und Jannes 





 

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